Hier sind ein paar Hintergründen und Voraussetzungen für den Eigenbau einer DIY – Do it yourself- selbstgerechten, standhaften, tatsächlich schlagfeste und durchaus tauglichem japanischen Samurai Rüstung. Es ist Arbeit angesagt! Aber es macht tierisch Spass.
Über die frühmittelalterlichen japanischen Rüstungen
Im japanischen Frühmittelalter hatten die wenigsten Samurai und Lehnsherren genug Vermögen, um sich einen komplette Rüstung machen zu lassen. Rüstungen und Rüstungsteile waren sehr teuer. So kam es, dass es auch Samurai mit unvollständigen Rüstungen gab und diverse Teile vielleicht optisch nicht perfekt zu einander passten. Daher wurden Rüstungsteile gesammelt und zusammengefügt.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Bauweisen von japanischen Samurai Rüstungen. Im frühen Mittelalter -bevor die ersten Europäer, genauer die Portugiesen- erstmals in Japan anlandeten, wurden überwiegend Lamellenrüstungen gebaut. Diese bestehen aus einer Vielzahl von einzelnen Lamellen, die auf eine bestimmte Art und Weise -immer überlappend- zu Reihen und dann zu Platten zusammengeknüpft wurden. Letztlich liegen immer vier Lamellen übereinander – zu je einem Viertel, sodass der Schutz gegen einen Hieb durch vier Lamellen abgehalten wurde. Die Verknüpfung der Lamellen ist so gemacht, dass sich die einzelnen Elemente gegeneinander verschieben können. Dadurch ist die Rüstung sehr flexibel und ermöglicht eine gute Beweglichkeit.
Viele japanische Harnische haben Scharniere oder sind exakt auf die zum Zeitpunkt des Baus vorherrschende Körperfülle angepasst. Die hier nachgebaute Form des Do (Harnisch) erlaubt dem Träger die Rüstung auch dann noch zu tragen, wenn man mal ein paar Kilo zugenommen oder abgenommen hat, denn die Rüstung reicht einmal um den Körper herum und wird im Rücken zusammengebunden. Die Wirbelsäule ist ungeschützt. Es wurde davon abgesehen, diese offene Stelle zu schützen. Tatsächlich haben viele Samurai davon abgesehen, diesen Teil zu schützen – man wendet dem Feind schließlich nicht den Rücken zu. Man kann den hier gebauten Do aber auf der Rückseite mit einem sogenannten „Coward Shield“ erweitern.
Folgende Rüstungsteile haben wir nachgebaut:
- Der Harnisch (Do) mit Schurzgliedern (Kusazuri)
- Die Schulterplatten (Sode) im Lamellen-Stil
- Den Oberschenkelschutz (Haidate)
- Die Oberarm- Unterarm Panzerung (Kote / Gote) und Kampfhandschuhe (Tekko)
- Den Schienenbeinschutz (Sunate) und Knieschutz (Tateage)
- Die klassische Samurai Gesichtsmaske (Men Yoroi / Mempo mit Halsschutz)
- Den Samurai Helm (Kabuto) und Nackenschutz (Shikoro)
Der Bau erfolgte nach einem original frühmittelalterlichem Vorbild. Es wurde dabei vieles richtig gemacht und einiges falsch. An einigen Stellen sind wir bei dem Bau den Gedankengängen der alten Rüstungsschmiede gefolgt. An anderen Stellen haben wir Anwendungen, Befestigungen und Applikationen quasi Nach-Erfunden. Im Nachhinein stellte sich dabei heraus, dass wir sehr nahe am Original gelandet waren. Sicher ist der hier eingeschlagene Weg auch nur einer von vielen. Daher ist diese Website auch nicht als Bauanleitung oder Blaupause zu sehen, sondern lediglich als Anregung.
Es wurde hier davon abgesehen, Stahl zu verarbeiten. Die Bearbeitung von Stahlplatten und Lamellen erfordert eine Werkstatt, eine Esse und Erfahrungen in der Stahlbearbeitung. Die nächste Rüstung wird aus Stahl sein. Für die hier geschilderte, haben wir anstatt Stahl jedoch einen thermoelastischen Kunststoff verwendet. Dieser lässt sich sägen und mittels Wärmebehandlung im Ofen auch verformen. Für die meisten Bauteile und insbesondere für die größeren Rüstungsplatten ist der Werkstoff gut geeignet.
Die kleinen Lamellen wurde nicht selber gemacht. Da insgesamt ca. 1700 Lamellen verarbeitet wurden, haben wir die Lamellen gekauft und verarbeitet wie geliefert.
Der Bau der gesamten Rüstung hat eine Dauer von 3,5 Jahren in Anspruch genommen. Wer nichts anderes zu tun hat, schafft es sicher auch deutlich schneller. Aber es sei – nach japanischen Vorbild- Ausdauer und Beharrlichkeit vorausgesetzt.
Hier die wichtigsten (nicht unbedingt alle) Materialien:
- thermoelastische Platten (z.B. Kydex)
- fertige Lamellen
- Ofen
- viel Paracord (viel!!)
- Laubsäge
- Bohrer
- Schleifpapier
- Stift, Schere
- Gaffer Tape
- Leder
- Lederdorn oder Lochzange
- Farben und Pinsel
- groben Leinenstoff
- feinen Baumwollstoff
- Nadel, Faden (und Nähmaschine)
- Aluminiumblech
- Zierrat